An dieser Stelle schrieben wir schon vor Jahren: Warum sollte in Niger nicht das möglich sein, was unter anderem im Sudan gelingt. Dort wird in der Sahelzone mittels ausgefeilter Bewässerungstechnik erfolgreich Landwirtschaft betrieben. – Inzwischen können wir auf unser erfolgreiches Pilotprojekt der Tröpfchenbewässerung zurückblicken, das Ende 2020 abgeschlossen wurde, im Frühjahr 2021 mit einer Schlussevaluierung begutachtet wurde und 2021 in erweiterter Form seine Fortsetzung findet.
Der Bewässerungsgartenbau in der Region Tchighozérine hat nach den Saheldürren der 1970er und 1980er Jahre, und den damit verbundenen großen Verlusten an Tieren, einen rasanten Aufschwung genommen. Der Verlust ihrer Tiere zwang die verarmten Nomaden dazu, andere Einkommensmöglichkeiten zu suchen. Die weitere Entwicklung des Gartenbaus wird durch die Verfügbarkeit von Wasser und von fruchtbarem Land limitiert, das ohne Bewässerung oder auf der Grundlage traditioneller Bewässerungstechniken für Gartenbau genutzt werden könnte. Mit Tröpfchenbewässerung lassen sich die für Gartenbau verfügbaren Flächen erweitern und die erzielbaren Ernteerträge steigern; je nach Pflanzenart kann Tröpfchen-Bewässerung die Erträge sogar um das Vierfache steigern.
Dieses Projekt rund um Tröpfchenbewässerung in Oasengärten ist ja bereits im Sommer 2020 ausge-laufen und lediglich um eine Schluss-Evaluierung verlängert worden. Diese konnte aber wegen der CoViD-19-Pandemie, heftiger Regenzeit mit Überschwemmungen, einer Malaria-Epidemie und der unsicheren Lage im Vorfeld der Präsidentschaftswahlen erst im März/ April 2021 durchgeführt werden. Damit beauftragt wurde der international anerkannte Experte und Ordinarius für ökologischen Pflanzenbau und Agrarökosystemforschung der Universität Kassel, Prof. Dr. Andreas Buerkert.
Zusammenfassung der Projektbeurteilung in der Schluss-Evaluierung:
Das algerische Tröpfchenbewässerungssystem (TBW) hat sich in diesem Pilotprojekt des Bewässerungslandbausystems als nachhaltig bewährt; je nach Pflanzenart erhöht es die Erträge um das Vierfache. Aus der Perspektive der Bodenfruchtbarkeit ist es insbesondere für Baum- und Buscharten sehr gut, für Bodenkulturen wegen der Versalzungsprobleme weniger geeignet. Eine ökologisch nachhaltig agroforstwirtschaftliche Anbauweise allerdings kann das Versalzungsproblem beheben; diese Erkenntnis wird im Folgeprojekt berücksichtigt.
Insgesamt hat sich das TBW bewährt – es erlaubt den Einsatz geringerer Wassermengen bei gleichem oder höherem Ertrag; die Wasserersparnis durch das System liegt zwischen 40% und 75%. Die bebaute Gartenfläche in den Oasengärten der Gemeinde Tchighozéri-ne liegt bei Projektende bei insgesamt etwa 3.000 ha, entgegen dem Anfangswert von 2.000 ha.
Was die Gewinne betrifft, lag die ökonomische Jahresbilanz der Pilotgärten bei Projektbeginn (je nach Größe) zwischen 2.200 € bis 8.800 €. Bei Projektende 06/2020 lag die Jahresbilanz um ca. 30% höher, bei ca. 2.900 € bis 11.400 €.
Das Pilotprojekt konnte einen messbaren Beitrag zur Zielerreichung leisten: Verbesserung der Einkommenssituation der Zielgruppe (Oasengärtner) durch Steigerung der Erträge und Verbesserung der Produktqualität. Das Projekt trägt zudem unmittelbar zur Erreichung der zwei übergeordneten Ziele der deutschen EZ im Niger bei, nämlich der Förderung einer produktiven Landwirtschaft (I) und der Ernährungssicherung (II). Darüber hinaus trägt es zur Erreichung einiger der globalen Ziele zur nachhaltigen Entwicklung bei (III).
Mit Hilfe des Agrarökologen Professor Buerkert haben wir Versuche in ökologischer Agroforstwirtschaft und Permakultur begonnen, die nun in einem Folgeprojekt fortgesetzt werden. Dank der bisherigen Erfolge konnten wir im Frühjahr 2021 mit der Arbeit beginnen. Diesmal werden wir nicht mit vier, sondern mit 40 Gärtner*innen arbeiten und weitere 60 ausbilden. Damit erhält das Projekt eine wesentlich größere Basis für erfolgreiche Oasenwirtschaft in der Region Tchighozérine.
Eine der wichtigsten Produktionszweige in der Region Agadez ist die pastorale Ökonomie. Für ihre Versorgung mit Proteinen ist die urbane Bevölkerung allerdings weitgehend auf importierte Pulvermilch angewiesen. Während Ziegen-, Schafs- und Kuhmilch traditionell zu Käse weiterverarbeitet und auch kommerzialisiert werden, ist dies bei der Kamelmilch nicht der Fall. Hier setzt das Projekt CLC an: Einrichtung eines Bewässerungsfeldes mit solarbetriebenen Pumpen zum Anbau von Luzernen als pro-teinhaltiges Zusatzfutter (1); Haltung von 40 Kamelstuten (20 tragenden, 20 milchgebenden) (2); Transport der Milch in Edelstahlkühltanks nach Agadez (3); 6-monatige Ausbildung von insgesamt 20 Pastoralisten mit dem Ziel der Verbreitung weiterer Milchbetriebe in der Region – Das Projekt startet Ende 2021.
Die Mobile Klinik war bereits in den Anfängen der Pandemie im März 2020 im Ausnahmezustand und verdoppelte ihre Anstrengungen vor Ort. Auch dieses Projekt der Stiftung HERZ für Kinder kam Ende Dezember 2020 offiziell zum Ende, konnte aber mit restlichen Fördermitteln bis weit in das Frühjahr 2021 fortgesetzt werden. Der Abschlussbericht wurde von der Stiftung als Erfolg anerkannt und wir haben einen Folgeantrag gestellt. Es ist der Plan, die bestehende Mobile Klinik um eine stationäre Ta-gesklinik zu erweitern, um Patienten intensiver zu diagnostizieren und zu behandeln, als bislang ambulant im Busch möglich.
Kleine Dörfer und Siedlungen fern medizinischer Versorgung sind das Ziel, und das Angebot wird be-geistert angenommen, berichten die Paramediziner. Pro Einsatztag werden durchschnittlich 150 Erwachsene und vorwiegend Kinder behandelt und etwa 80% der Kinder geimpft.
Mit Ausbruch der CoViD-19 Pandemie im März 2020, und nach zusätzlichem Ausbruch einer Malaria-Epidemie im August 2020 nach einer ungewöhnlich heftigen Regenzeit, wurden die Einsätze verdoppelt und damit auch die Zahl der Behandelten. Insbesondere Hygiene-Maßnahmen wurden vor Ort unterrichtet, demonstriert und die notwendigen Mittel bereitgestellt. Der Malaria-Ausbruch bedurfte zusätzlicher, intensiver Betreuung vor Ort.
Im Verlauf der Einsätze wurden nicht nur Krankenakten angelegt und Impfbücher geführt, sondern es wurden auch Statistiken über Erkrankungen erstellt, um weitere Prophylaxe-Maßnahmen zu planen. Aussagefähige Erhebungen können – nach Auswertung – frühestens Ende 2021 erwartet werden.
Anfang 2021 haben wir eine Fortsetzung des Projektes bei der Stiftung Ein Herz für Kinder beantragt.
Die eindrucksvollsten Bilder lieferte eine Drohne. Der Gewerbepark, vor Ort auch Handwerkerzentrum CMT genannt, ist komplett fertiggestellt und in vollem Betrieb. Auf Grund der Pandemie, der Unwetter und der Malaria-Epidemie haben wir eine Verlängerung der Projektlaufzeit bis September 2021 genehmigt bekommen.
Die im Vorwort angesprochene Verbleibstudie über den Zusammenhang zwischen Ausbildungsvoraussetzungen, Ausbildungsbedingungen und berufsbiographischer Entwicklung; hier die Resultate in Prozentzahlen für die einzelnen Betriebe:
- Informatik 80%
- Schneiderei 80 %
- Mechanik 100 %
- Färberei 100 %
- Stickerei nicht eruierbar, keine Angaben
- Elektro/ Klempner 80 %
- Schumacher 20 %
Für die übrigen Werkstätten liegen wegen zu kurzer Laufzeit noch keine ausreichenden Erkenntnisse vor.
Gemäß unserer Bestandsaufnahme sowie Eigenevaluierung, erwarten wir eine sehr erfolgreiche Weiterentwicklung des Projekts nach Übergabe Ende September 2021.
Sowohl von der Bevölkerung, wie auch von den Ausbildern und den Auszubildenden, ja auch von den lokalen, regionalen und nationalen Behörden, wird das Gesamtprojekt Gewerbepark sehr positiv angenommen und allerseits unterstützt. Alle neuen Betriebe profitieren von diesem Projektstatus und laufen auch jeweils von Anfang an erfolgreich. Kurzfristige und flexible Adaptionen der Bedarfsplanung (Nachfrage nach Ausbildung sowie Marktbedürfnisse) sind nötig, aber erfolgreich.
Die Stadt Agadez, Nordniger, ist Epizentrum der Migration; viele Flüchtlinge bleiben. Das verändert nachhaltig Infrastruktur, Sozio-Ökonomie, Sicherheit und Arbeitsmarkt der Stadt/ Region. Ethnische Konflikte können gewalttätige Unruhen auslösen. Es gilt, die mehrheitlich jungen Flüchtlinge wie mehrheitlich jungen Einheimischen mit handwerklichem wie technischem Interesse auf drei verschiedenen Ebenen beruflich auszubilden sowie mit staatlich anerkannten Abschlüssen zu qualifizieren. Damit wird ihnen der lokale, der regionale und auch überregionale Arbeitsmarkt eröffnet. Es werden sechsmonatige Kurse, einjährige praxisorientierte handwerkliche Ausbildungen, sowie zweijährige staatlich zertifizierte Berufsabschlüsse angeboten. Das Projekt ist genehmigt und startet im Oktober 2021; erfolgreiches Vorbild ist das BMZ- Projekt 3052 in Nordniger, der Gewerbepark.
Dank der intensiven Unterstützung eines nigrischen Ökonomen und eines deutschen Ökonomen und Sozialanthropologen mit Jahrzehnten Vor-Ort-Erfahrung konnten wir zu dem Projekt kurzfristig eine Machbarkeitsstudie erstellen lassen; hier ein Auszug zur Einschätzung nachhaltiger, regionalwirtschaft-licher Effizienz durch Bau und Betrieb eines Berufsbildungszentrums:
Im Niger kann das Einkommen für ungelernte Arbeit mit 700,-€ bis 800,-€/Jahr, im Durchschnitt mit 750,-€/Jahr angenommen werden. Da der Einkommenszuwachs im Niger durch berufliche Bildung um etwa 144% über dem durch Schulbildung liegen soll (PIDA 2013), bedeutet ein Jahr berufliche Qualifikation einen Einkommenssprung von 750,-€/Jahr auf 1.830,-€/Jahr, entsprechend einen Einkommenssprung für sechs Monate beruflicher Bildung auf ca. 1.300,-€/Jahr, und für zwei Jahre beruflicher Bildung auf ca. 2.000,-€/Jahr. Für den Projektvorschlag lassen sich diese Einkommenssprünge folgendermaßen darstellen:
Ausbildungsformat | ind. Zuwachs in €/Jahr | Zahl der Absolvent*innen | kumulierter Zuwachs in €/Jahr |
6 Monate | 550,- | 900 | 495.000,- |
12 Monate | 1.080,- | 150 | 162.000,- |
24 Monate | 1.250,- | 90 | 112.500,- |
SUMME | 769.500,- |
Die jährlichen Einkommenszuwächse entstehen ab dem zweiten Projektjahr; sie werden sich bis Projektende entsprechend aufaddieren. Zählt man die Einkommenszuwächse nach Projektende über die Berufslebenszeit, den Wert der Gebäude, deren Lebenszeit auf 20 Jahre angenommen wird, und die Ausstattung hinzu, erscheint der Projektvorschlag – auch ohne die Einbeziehung schwierig zu messender Externalitäten – aus regionalwirtschaftlicher Sicht daher als äußerst effizient und attraktiv.